GEMEINSAMER WAHLAUFRUF AN JUGENDLICHE
»Geht wählen!« Mit diesem Aufruf wenden sich die fünf politischen Nachwuchsorganisationen in Nordfriesland und Landrat Dieter Harrsen an die Jugend in Nordfriesland. Bei der Kommunalwahl am 6. Mai 2018 sind auch die 16- und 17-Jährigen wahlberechtigt.
»Gerade die Kommunalpolitik ist ein extrem spannender Bereich«, stellte Truels Reichardt, der Vorsitzende der Jusos NF, in einem Pressegespräch am 21. März im Husumer Kreishaus fest. »Auch wir Jüngeren können mitbestimmen, was auf Kreis-, Stadt- und Gemeindeebene passiert.«
Sein Kollege von der Jungen Union, Leif Bodin, spricht ein verbreitetes Vorurteil an: »Viele meinen, dass Politik entweder weit weg stattfindet, oder wenn vor Ort, dann nur als geschlossener Club von Alteingesessenen. Das ist aber, und zwar gerade in der Kommunalpolitik, überhaupt nicht der Fall. Man kann sich wundern, wie einfach und direkt man selbst etwas vor Ort erreichen kann.«
JUNGE KANDIDATINNEN UND KANDIDATEN
Bei der Wahl am 6. Mai geht es in Nordfriesland um 1.323 Mandate in den Gemeinde- und Stadtvertretungen und 45 Mandate im Kreistag.
Für den Kreistag bewerben sich 264 Personen mit einem Durchschnittsalter von 52 Jahren. Fünf von ihnen sind unter 20 Jahre alt, 28 sind zwischen 21 und 30 Jahre alt, und 13 sind zwischen 31 und 35 Jahre alt.
»Wenn junge Wählerinnen und Wähler junge Kandidaten wählen wollen, haben sie also eine reichhaltige Auswahl«, betont Mayra Vriesema, die Sprecherin der Grünen Jugend Nordfriesland.
THEMEN, DIE JUGENDLICHE BERÜHREN
Auf die Frage, welche Politikfelder für sie im Vordergrund stehen, fallen Reichardt, Bodin, Vriesema und Christopher Andresen, dem Landesvorsitzenden des SSW Ungdom, etliche Themen ein, die direkt mit dem Leben junger Leute zu tun haben: etwa die Ausstattung der Berufsschulen, die Elternbeteiligung an den Schülerbeförderungskosten, die Einführung von Schüler- und Azubi-Tickets im ÖPNV, kostenloses WLAN in allen Schulen oder die Förderung regionaler Klimaschutzinitiativen.
„Man kann sich wundern, wie einfach und direkt man selbst etwas vor Ort erreichen kann.“ – Leif E. Bodin
KEINE SCHEU VOR DICKEN BRETTERN
Auch vor sperrigen Themen scheuen sie nicht zurück: »Viele Schüler, Azubis und Studenten sind auf preisgünstigen Wohnraum angewiesen«, weiß Student Truels Reichardt aus eigener Erfahrung. »Insbesondere Städte wie Husum und Tönning sowie die Kommunen auf den Inseln müssen sich Gedanken darüber machen, um für junge Leute attraktiv zu sein.«
»Wie aber das Ziel erreicht werden kann – etwa über private Bauträger, öffentliche Wohnungsbaugenossenschaften oder andere Methoden – das kann nur vor Ort entschieden werden«, ergänzt Mayra Vriesema.
»Gerade uns Jüngeren brennt das Thema auf den Nägeln. Deshalb wirken wir alle in unseren verschiedenen Organisationen darauf hin, dass es überall aufgegriffen und bearbeitet wird. Ähnliches gilt auch für den Ausbau der Kita-Plätze und die Entwicklung der Kita-Beiträge, der für junge Familien extrem wichtig ist«, bestätigt Christopher Andresen.
OHNE DIGITALISIERUNG KEINE ENTWICKLUNG
Ein besonderes Augenmerk richten alle fünf Organisationen daneben auf die Digitalisierung: »Wir brauchen Glasfaseranschlüsse in jedem Dorf und in jedem Haus«, sind sie sich einig.
Der Vorsitzende der Jungen Liberalen Nordfriesland, Janne Zierow, ergänzt: »Die Möglichkeiten, die die Digitalisierung für die Entwicklung des ländlichen Raumes mit sich bringt, sind vielfältig. Dies ermöglicht auch die Gründung von Start-ups auch abseits der Ballungszentren zum Beispiel bei uns in Nordfriesland.«
DIE FINANZEN IM BLICK
Verantwortungsvolle Politik bedeutet für sie allerdings auch, die Finanzen im Blick zu haben: »Wer eine Forderung aufstellt, muss ihre Finanzierung mitbedenken und bereit sein, auf anderes zu verzichten«, ist Leif Bodin klar. »Wer heute Schulden macht, zahlt morgen Zins und Tilgung. Deshalb spielt neben Zukunftsinvestitionen auch der Schuldenabbau für uns alle eine große Rolle.«
PARTEIEN BEZIEHEN NACHWUCHS EIN
Landrat Dieter Harrsen freut sich über das breitgefächerte politische Engagement des Nachwuchses. Er fühlt sich an seine eigene Jugend auf Pellworm erinnert: »Ich wollte mich auch immer einbringen und mitgestalten«, erinnert er sich. Damals war es für junge Menschen schwieriger als heute, bei den Älteren Gehör zu finden, glaubt er.
»Heute freuen sich alle Parteien und Wählergemeinschaften über jeden jungen Menschen, der sich für Kommunalpolitik interessiert, und beziehen den Nachwuchs viel stärker ein als früher. Das ist sehr zu begrüßen, denn nur so hat die kommunale Selbstverwaltung eine Zukunft!«
RUFBUSSE: GELEGENHEIT FÜR JUGENDLICHE, SICH EINZUBRINGEN
Zu Harrsens aktuellen Lieblingsprojekten gehört die Einführung des Rufbussystems ab August 2018. »Meine damit befassten Kolleginnen und Kollegen führen momentan eine Reihe von Infoveranstaltungen im gesamten Kreisgebiet durch, diskutieren mit der Bevölkerung und nehmen Änderungsvorschläge mit«, berichtet er.
Was ihn wundert: »Bei den Veranstaltungen treffen sie nur ganz selten auf junge Leute. Dabei ermöglicht der Rufbus doch gerade den Jüngeren ein großes Stück Unabhängigkeit zum erschwinglichen Preis. Und jetzt ist die Chance da, selbst mitzumachen!«
JUGENDLICHE WOLLEN POLITIK FÜR ALLE GENERATIONEN
Die nordfriesischen Nachwuchspolitiker legen Wert auf die gute Zusammenarbeit aller Generationen: »Die Mischung macht’s«, sagt Christopher Andresen. »Wir wollen nicht nur Klientelpolitik für die unter 30-jährigen machen, sondern wir alle finden es wichtig, dass alle Altersgruppen sich in Nordfriesland wohlfühlen und hier gern leben.«
Janne Zierow ergänzt: »Hierbei ist es jedoch gerade in Zeiten des demographischen Wandels wichtig, die Interessen der Jugend wahrzunehmen.«
NEUE MITGLIEDER GERN GESEHEN
Alle fünf Organisationen hoffen auf neue Mitglieder: »Kommunalpolitik macht total Spaß. Wer sich engagiert, bekommt sehr viel mehr mit als andere und kann selbst etwas bewegen – mit Auswirkungen bis hinauf zur Landesebene. Das ist ein tolles Gefühl«, fassen die Vorsitzenden zusammen. Verwaltungschef Dieter Harrsen nickt zustimmend.
Die fünf Organisationen planen, gemeinsam mit dem Landrat ein Schreiben zu verfassen, das über die Schulen allen Schülerinnen und Schülern ab der 10. Klasse zugehen soll.